Schreck lass nicht nach!
Es läuft immer gleich. Wie bei den Oscars. Auf BBC werden die Baftas verliehen (British Actors Film and TV Awards). Der Saal ist riesig und bis auf den letzten Platz besetzt. Die Teilnehmenden haben sich exklusiv herausgeputzt. Die Kategorie ,supporting actors' wird angekündigt. Die Nominierten in Filmausschnitten vorgestellt.
,And the winner is ...: Ariyon Bakare!' Schnitt. Die Kamera zeigt den Gewinner. Bevor er sich die Hände vors Gesicht schlägt, sieht man gerade noch, wie dieses verrutscht. Weit aufgerissene Augen, offener Mund und starre Züge, als wäre er unvermittelt auf eine schreckliche Szene gestossen. Es dauert eine Weile, bis er die Hände wieder vom Gesicht nimmt, aufsteht und seiner Nachbarin um den Hals fällt. Seine Augen sind nass. Erst langsam beginnt sein Gesicht zu strahlen.
In einer Gruppe haben wir letzte Woche die Geschichte vom wunderbaren Fischzug und der Berufung des Petrus nach dem Lukasevangelium gelesen (Lukas 5, 1-16). Auf Geheiss von Jesus fahren die Fischer nochmals raus - am heiterhellen Tag in tiefes Wasser, was gegen jede Fischerlogik spricht - und fangen ,so viele Fische, dass ihre Netze zu reissen drohten'. Die Ahnungslosen ziehen mitten im Alltag den Hauptgewinn! Und statt Jubel massloses Erschrecken.
Wir wunderten uns. Sollten sie sich nicht freuen und dankbar sein? Das Netz gleich nochmals auswerfen und nochmals und nochmals? Ist Erschrecken nicht das Gegenteil von Glück? Das Motiv dieses heiligen Erschreckens findet sich in der Bibel immer wieder.
Es gibt das Glück, das man fassen kann. Die lange erwarteten Ferien. Den vollen Kühlschrank. Den Besuch der Freunde. Man hat es erarbeitet, gepflegt und verdient.
Und es gibt das Glück, das man nicht fassen kann. Es trägt Transzendenz in sich. Es übersteigt alles, was man erwarten, antizipieren und verrechnen kann. Die Geburt des Kindes. Das Versprechen der Liebe ,für immer.' Das Geschenk einer Traumstelle... Ich habe diese Begegnung nicht arrangiert. Sie trifft mich wie ein Blitz. Ich spüre deren Grösse und gleichzeitig, wie klein ich dagegen bin. Wenn ich es auch nur ein bisschen erfasse, erschrecke ich zutiefst - und bin gleichzeitig überwältigt von Freude.
Das Gesicht des Bafta-Gewinners zeigt mir das unverstellt. ,Heiliges Erschrecken'. Und die Begegnung zwischen den Fischern und Jesus zeigt das auch. Es ist, um im Film zu bleiben, eine ,Begegnung der Dritten Art.' Schreck lass nicht nach!
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