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Es werden Posts vom Oktober, 2021 angezeigt.

Predigen III: Fische

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,Unsere Zeit ist durch das hohle Wissen ihrer Leser und Zuhörer so weit gekommen, dass sie des Lesens überdrüssig wird und nur ungern zuhört, wenn sie nicht gewählte, wohlüberlegte und modern klingende Worte liest oder hört.'   Vom Heiligen Antonius von Padua (ca 1195 - 1231) hat nur weniges die Zeit überdauert. Darunter sind Notizen zu Predigten, aus denen der Eingangssatz stammt. Konnte solches schon vor 800 Jahren gesagt werden, scheint es doch weniger an der Zeit zu liegen als am Menschen schlechthin, wenn ungern zugehört wird. Oder eben an den Predigenden.  Antonius' Markenzeichen war, dass es bei ihm etwas zu sehen gab, wenn man ihm zuhörte.  Er zog anschauliche Vergleiche und benutzte viele Bilder aus der Natur und dem Alltag der Menschen, wenn er über den Glauben und die Texte der Bibel sprach.  Dazu passt die Legende, die ihn berühmt gemacht hat. Predigte Franz von Assisi zu den Vögeln, kamen bei ihm die Fische zum Ehre. Frustriert über die leere Kirche, ging Antoni

Predigen II: Über 15 Minuten

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,Du darfst über alles predigen, nur nicht über 15 Minuten,’ sagt ein alter Spruch unter Pfarrpersonen – und verrät gleichzeitig den Kleinglauben beim eigenen ,Kerngeschäft’: Hauptsache nicht zu lang (Inhalt und Form sind Nebensache.)   Diese Aussage wird gerne noch von einer Zahl aus der Wahrnehmungsforschung begleitet: Die Aufmerksamkeitsspanne eines Menschen betrage heute selten über 15 Minuten (oder 10, 12, 18… je nach Studie). Umso mehr überrascht mich eine grossangelegte Untersuchung aus den USA. Das Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center verglich über 9 Sonntage um Ostern 2019 annähernd 50'000 Predigten aus insgesamt 6431 christlichen Gemeinden. Resultat: Eine Predigt dauerte im Durchschnitt 37 Minuten. (Gross waren die Unterschiede unter den kirchlichen Richtungen: katholisch: 14’ / traditionell protestantisch: 25’ / traditionell afroamerikanisch (black church): 54’ / evangelikal: 39') Nun denke ich nicht, dass die Aufmerksamkeitsspanne in den USA höher

Predigen I: Lächerlich

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Kanzel Matthäuskirche Basel Bild Heinrich Gerber ,Nun, da ich etwa ein Dutzend mal gepredigt habe, finde ich, dass ich mich zu wiederholen beginne,' schreibt Reinhold Niebuhr 1915 in sein Tagebuch. Er war gerade frisch vom Seminar in die Arbeit in der Evangelischen Gemeinde Bethel in Detroit eingestiegen und schon machte sich das klamme Gefühl im Magen bermerkbar. ,Die paar Ideen, die ich im Seminar in Predigten einarbeitete, sind alle bereits aufgebraucht. Und nun?' Niebuhr sei gerade 23 Jahre alt gewesen, als er ins Pfarramt nach Bethel berufen wurde, lese ich. Und so scheu, dass er oft einige Male an den Türen seiner Gemeindemitglieder vorbeigeschlichen sei, bis er zu klopfen wagte. ,Es hat was Lächerliches, einen unreifen jungen Narr zum Predigen vor diese guten Leute hinzustellen. Ich rede schlau vom Leben und weiss wenig von seinen Problemen. Ich spreche von der Notwendigkeit, Opfer zu bringen, obwohl die meisten von ihnen mir etwas davon erzählen könnten, was das wirkli

Schweigen

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,Alles Gute und bhüet Di Gott! ,Ja, wenn er das nur machen würde.’ ,Tut er nichts?’ ,Er schweigt.’ Mit welcher Beziehung lässt sich das Gottesverhältnis vergleichen? Geläufig sind Mutter, Vater, Freund, Ärztin, Security, Nachbar. Im Gebet rede ich ihn so an. Entsprechende Erwartungen fliegen gleich mit. Enttäuschungen folgen auf dem Fuss. Andererseits bin ich über einen Gott als Wunscherfüllungsmaschine, Teddybär und grossen Magier längst hinaus. Doch wie sieht eine Beziehung dahinter aus? Welche Sprache ist diesem Verhältnis angemessen? Wie hört man den Schweigenden und teilt sich ihm mit? Eine lebenslange Übung: Gott Gott sein lassen. Und mit ihm in Beziehung sein und bleiben. Durch das Schweigen. Oder auch durch den Redeschwall von Erntedank. Der über dich wacht, schläft nicht. Psalm 121, 2b Philipp Roth philipp.roth@kgbb.ch philipp.roth@erk-bs.ch