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Es werden Posts vom Oktober, 2022 angezeigt.

Kuscheln

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Er heisst Trevor James. Er verlangt 90 $ in der Stunde und eine Mindestbuchung von zwei Stunden. Es werden acht verschiedene Positionen angeboten. Manchmal ist er bis 10 Stunden am Tag im Einsatz. Im Hintergrund spielt Jazz oder Klassik. ,Menschen kommen zu mir, weil sie keine Berührungen mehr erleben,' sagt Trevor. Er hat die Not zum Beruf gemacht. Trevor ist professioneller ,Cuddler'. In Kalifornien gibt es siebzehn solcher ,Kuschler'. In anderen Staaten der USA einen oder keinen. In England gibt es auch welche. Gibt es sie auch bei uns? Zur Unterscheidung von der Sexarbeit bezeichnet sich James gerne als 'ethischen Berührungstherapeuten'. Er stammt aus Ghana. ,In gewisser Hinsicht ist es traurig, dass Menschen sich für sowas an Fremde wenden müssen,' meint er zu seiner Tätigkeit. ,Zuhause in Ghana berühren wir einander viel.'  Er sieht es als Ehre an, sowas tun zu dürfen. Zu seiner Stammkundschaft zählt ein 85-Jähriger, der mehrmals in der Woche kommt. Un

Es werde dunkel

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Die koreanische Halbinsel bei Nacht In Zürich wird die Weihnachtsbeleuchtung reduziert. In St. Gallen verhinderte eine Protestwelle den Verzicht. In Basel sind Detailhändler und Stadtkonzept noch in Diskussion. Auch die Strassenbeleuchtung übers Jahr wird zum Thema. Weniger Licht bedeutet auch weniger Energieverbrauch. Brauchen wir wieder mehr Nacht? Die Nacht hat schon lange schlechte Karten. Seit der Allverfügbarkeit von Elektrizität erst recht. In der Nacht sehen wir nicht nur schlecht, weil es dunkel ist, sondern auch, weil unsere Augen sich nicht mehr daran gewöhnen müssen/können. Während eine Nachtwanderung in offener Landschaft noch als Erlebnis gilt, ist eine Nachtwanderung in der Stadt nicht nur unmöglich, da es fast überall fast immer taghell ist, sondern hat auch einen 'zwielichtigen' Ruf (Was hat der/die um diese Zeit hier zu suchen?). Was wäre das für ein Erlebnis, mal im Dunkeln durch unsere Stadt zu laufen?  Konnte ,Licht' während Generationen als emotionale,

kulturelle Aneignung

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- Dürfen Schweizer Bands mit Dreadlocks Reggea spielen und nichtbeeinträchtigte Menschen auf der Bühne Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung darstellen? - Ist es noch angebracht, wenn eine deutsche Apotheke den Namen 'Mohren' trägt und schlanke Schauspieler in Fatsuits im Film dickleibige Menschen verkörpern? - Ist es diskriminierend, wenn ein Musical sich über die Mormonen lustig macht, und nichtmuslimische Menschen von nichtmuslimischen Comedians mit Sprüchen über muslimisches Leben im Westen zum Lachen gebracht werden? (Man ersetze erst ,muslismisch' durch ,jüdisch'...) - Können ,weisse' Menschen solche mit dunklerer Hautfarbe verstehen, gar vertreten und heterosexuelle homosexuelle oder weitere aus dem sich immer weiter öffnenden LGBTQ+-Spektrum? Als ob wir nicht schon genug Grossthemen hätten, tobt durch die Medien, Parlamente und Köpfe der Kampf der ,kulturellen Aneignung'. Während die besonders ,wachen' (woken) Teile der Gese

weiter singen

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Ich beneide Menschen, die ihre Grundfragen mit Gott wie mit einer alten Freundin besprechen können. Und dann für sich Antworten finden, die für sie stimmig sind und doch nicht nur mit sich selbst ausgemacht wurden. Es ist eine Art zweite Naivität, die bei mir künstlich wäre. Und enthält irgendwie das 'werdet wie die Kinder' von Jesus. Gleich zwei solchen Menschen begegne ich beim Lesen. Bei beiden Musikern geht es um das Alter und das Aufhören. Ob solche Unmittelbarkeit mit dem Alter wieder näher kommt? Mavis Staples, 82, Blues- und Soulsängerin Staples geht am Sonntag nicht mehr zur Kirche. Sie hat ihren Glauben nicht verloren; nur ihre Gewohnheit. Sie schickt ihren Zehnten weiterhin an die Trinity United Church of Christ, in Chicago, doch wie war seir Jahren nicht mehr dort. “Ich kann in meinem Kämmerlein gehen und beten,” sagte Staples. “Ich muss nicht in die Kirche gehen. Die Kirche ist ein Gebäude. Ich bin die Kirche.” Sie löst ihre schwierigsten Probleme zuhause, doch m

Tiger und Rosen

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Ein Mensch wird von einem Tiger verfolgt und stürzt sich über die Klippe. Er kann sich gerade noch an einem Strauch festhalten, der sich jedoch langsam aus der Erde löst. Da sieht er gleich vor sich leuchtend rote Himbeeren. Was tun? Das Buch* erzählt diese Geschichte gleich mehrmals. Die Autorin verzweifelt über die Welt und möchte sich selber trösten. Sie erzählt vom Rosenzüchten und vom Bäumepflanzen. Und von den Himbeeren der buddhistischen Legende, die auch in über dem Abgrund hängend gepflückt werden wollen - und süsser schmecken denn je. Die Traurigkeit der Autorin bleibt dennoch spürbar. Die Rosen, Bäume und Himbeeren leuchten als bunte Sterne in der Nacht. Die Nacht bleibt trotzdem dunkel. Es ist eben so eine Sache mit dem sich selber Trösten. Auch wenn die Kraft der Rosen, Bäume und Himbeeren nicht verachtet werden soll. Erst recht nicht als Geschöpfe mit eigenem Sinn und göttlichem Esprit. Ein Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag wurde während der Prozesse zum