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Es werden Posts vom November, 2022 angezeigt.

Oud

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An den Wassern zu Babel sassen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten. Unsere Harfen hängten wir an die Weiden im Lande. Psalm 137, 1-2 Am Ende spielt er seine Oud wieder. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Und in seinen Augen spiegelt sich ein gutes weites Land. Omar ist auf einer schottischen Insel am Ende der Welt gelandet. Zusammen mit Farhad aus Afghanistan und zwei Flüchtlingen aus Afrika ist er in einem jener Leichtbauhäuser untergebracht, in denen die Zeit seit 30 Jahren stehen geblieben ist und die Wasserflecken auf Kunstfaserteppich und Tapete namenlose Geschichten erzählen. Auch wenn sie alle englisch sprechen, bleiben sie für die die paar Nachbarn Menschen von einem anderen Planeten - und die Nachbarn bleiben das auch für sie. Sogar auf dem Mittelmeer sei der Handyempfang besser gewesen, sagen sie zueinander und begeben sich regelmässig zur einzigen Telefonkabine auf der Insel. Während Omar mit seinen Eltern ins Istanbul telefoniert, stehen die anderen mit ihren Pla

Bindestrich

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Am kommenden Sonntag ist Ewigkeitssonntag. In unseren reformierten Kirchen gedenken wir der Verstorbenen. Das Kirchenjahr geht zu Ende.  Ich lernte Frau B beim Tod ihres Mannes kennen. Als sie den Grabstein in Auftrag gab, liess sie unter dem Namen, dem Geburts- und dem Todesjahr ihres Mannes auch gleich ihren Namen und ihr Geburtsjahr samt Bindestrich einmeisseln. Sie besuchte das Grab regelmässig und erzählte immer wieder davon. Sie traf dort nicht nur die Erinnerung an ihren Mann, sondern auch an ihre Vergänglichkeit. Das Leben, ein Bindestrich. Samuel Taylor Coleridge würde in diesem Jahr 250 Jahre alt. Der Dichter der englischen Romantik ging noch einen Schritt weiter. Er dichtete gleich seine eigene Grabinschrift. Ein Jubiläumsartikel stösst mich darauf. Ich merke, wie ich dafür gleich um mehrere Ecken denken und fühlen muss. Mir aus dem Wo-auch-immer mein eigenes Grab vorzustellen, hat was Gespenstisches. Und auch etwas Teengerhaftes (wütend auf die Eltern stellt man sich vor, w

Wachrütteln

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Klimakonferenz in Sharm al-Sheikh. Aus aller Welt fliegen über 40'000 Teilnehmende ein. Und ich merke, dass ich sogar daran zweifle, ob sie ihren eigenen CO2-Ausstoss zu kompensieren vermögen - geschweige denn, griffige Massnahmen zur Reduktion des Temperaturanstiegs zu treffen.  Die NZZ meldet: Es geht um viel Geld. Und ich dachte, es ginge um unser Klima und um viel Überleben... Vielleicht müsst man mal das Schofar blasen?! Es erklingt jeweils beim jüdischen Neujahrsfest (2022 am 25.9.) und geht durch Mark und Bein. Es ruft alle zu Reue und Umkehr auf. Es rüttelt auf und zeigt an, wie spät es ist. Jetzt ist Zeit, sich zu ändern! Ich merke bei mir, dass die Klimakonferenzen immer weniger Zuversicht und immer mehr menschliches Unvermögen atmen. Es ist nicht mehr modisch, das Wort ,Sünde' zu benützen. Aber es meint genau das: Nicht moralische Individualfehler, sondern das ohnmächtige Verhängnis, dass wir es nicht schaffen, uns aus uns heraus zu ändern und das Gute zu bewirken. K