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Es werden Posts vom Juli, 2022 angezeigt.

Gartenseligkeit

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Die Hitze hat die Tage im Griff. Sonnenschutz und Schatten werden zu Geboten des Stunde. Auch ohne grünen Daumen versteht man die immense Bedeutung von Bäumen und Wasser intuitiv. Ich verfolge, wie der Hausbesitzer jeden Abend durch den Garten geht, das Grün mustert und den Rasensprenger unter die Bäume stellt. Man sieht ihren Blättern den Durst an. Der im Frühjahr frisch gepflanzte Apfelbaum braucht besondere Aufmerksamkeit. Wenn der Hausbesitzer nicht auftaucht, schlüpfen wir in seine Rolle. Ein Glück, so nah am Wasser zu wohnen. Vielleicht sind wir im Herzen doch alle Gärtnerinnen und Gärtner? Ich begleite eine Familie beim Abschied von ihrem Vater. Er wuchs auf einem Bauernhof auf und wollte nichts anderes, als selbst Bauer werden. Eine schwere Krankheit in der Jugend versehrte seinen Körper so, dass er nur noch Büroarbeit verrichten konnte. Doch im Ruhestand kannte er nichts Schöneres, als einen grossen Garten anzulegen. Auch seine Schmerzen hielten ihn nicht davon ab. Die Freude

frisch traurig

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Heute ist die Trauer neu aufgebrochen. Die Trauer über den Krieg, die Ungeheuerlichkeiten, zu der Menschen fähig sind, und die unfassbare Vernichtung von Leben. Die Wochenendbeilage der NZZ gibt einer Handvoll gefallener ukrainischer Soldatinnen und Soldaten ein Gesicht und eine Geschichte. Und es geht mir wieder wie in den ersten Tagen dieses Krieges, der schon bald ein halbes Jahr dauert: Ich könnte weinen, auf dem Sofa, mitten am Tage. In den letzten Tagen und Wochen habe ich mich manchmal gefragt, ob die Trauer erschöpft sei. Das Leben geht weiter. So wie man nicht im Lachen stehen bleiben kann, kann man es auch nicht im Entsetzen. Hat die Seele nur eine begrenztes Mass für Traurigkeit - und eines Tages geht sie aus? Kann der Westen die Solidarität aufrecht erhalten? Kann ich sie aufrecht erhalten - in meinen Gedanken, Gebeten, Gaben, den wenigen Unterstützungen, die mir möglich sind? Olexandra Anikijewa, Studentin Olexandra Anikijewa war Studentin an der Polytechnischen Univers

wenn das Leben ein Lächeln schenkt

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Ich hatte kürzlich das Glück, Aljoscha zu begegnen. Aljoscha ist ein ,dummer' Knecht in einer russischen Geschichte. Sein Leben lang kannte er nichts als arbeiten und dienen, zurückgewiesen und lächerlich gemacht werden. Sein Vater leiht ihn auf einen anderen Gutshof aus und holt wöchentlich seinen Verdienst ab.  Dennoch: Aljoscha scheint damit zufrieden. Er kennt nichts anderes. Scheinbar hat das Leben es so für ihn bestimmt. Es wird schon sein Rechtes haben, wenn es so ist. Ustinya in der Küche des Gutshofs geht es schliesslich auch nicht besser. Aljoscha het wenigstens noch Eltern und Geschwister. Ustinya nicht. Dann geschieht eines ganz gewöhnlichen Tages etwas ganz Ungewöhnliches. Und die Geschichte versucht dieses Ungewöhnliche in seine enfache unbeholfene Sprache zu bringen: Und dann plötzlich , in der zweiten Hälfte des zweiten Jahres (seines Dienstes), geschah ihm etwas, was in seinem Leben noch nie geschehen war. Dieses Etwas war, dass er herausfand - zu seiner Ver

Denkmal für Alexei

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Es ist eine Meldung am Rande. Als Abgeordneter des Stadbezirks hatte Alexei Gorinow sich in einer Diskussion über Kindervergnügungsprogramme gegen Tanzveranstaltungen und Zeichnungswettbewerbe ausgesprochen. Während im Nachbarland durch den Einmarsch der russischen Armee täglich Kinder ums Leben kämen, wäre das unangebracht, meinte er. Es ginge jetzt vor allem darum, alles zu tun, dass dieser Krieg aufhöre. Das hätte er nicht sagen sollen. Es ist anzunehmen, dass er es wusste. Nun stand Alexei dafür im Glaskasten in Handschellen wie ein Schwerverberecher vor Gericht. Er hatte die Sache beim Namen genannt. Parlamentskollegen durften Öl ins Feuer nachgiessen. Zeugenaussagen der Vertidigung wurden als ,subjektiv' abgetan. Für ,Verleumdung der Armee' wurde Alexei zu sieben Jahren Straflager verurteilt. Ich weiss nicht, wie schwer ein Gewaltverberechen n Russand sein muss, um sieben Jahre Straflager zu kriegen. In einer vekehrten Welt wiegt ein Wahrheitsverbrechen ungleich schwerer.

How to Be Perfect

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, Seid vollkommen, so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!' (Matthäus 5, 48 ) ,Alles ist perfekt, mein Freund,' soll der Beatnik Jack Kerouac gesagt haben. Ich würde ihm da in ein paar Punkten widersprechen. Besser macht es der Schriftsteller Ron Padgett. Er reagiert mit einer langen Liste ,Wie man perfekt wird'. Die Tipps sind zum Teil praktisch, zum Teil philosophisch und zum Teil lustig, Ironie inklusiv. Und sie zeigen dabei vor allem zweierlei: a) das Leben ist nie perfekt, b) und doch liegt viel daran, wie ich es angehe. Ich streife durch das über drei Seiten lange Gedicht und suche mir ein paar Tipps raus. Man kann das als Spiel betreiben - auch gemeinsam: Sich die 10 besten anstreichen. Oder für jede Sommerwoche 3 vornehmen. Oder weitere Seiten voller Tipps anhängen... Gönn dir Schlaf. Gib keine Ratschläge. Pfleg Zähne und Zahnfleisch.   Hab keine Angst vor etwas , das ausserhalb deiner Kontrolle liegt .   Iss jeden Morgen eine Orange .   Sei fre