Ruf
Adam Zagajewski verstarb in diesem Frühjahr im Exil in den USA.
Im heutigen Polen fand sich der menschenfreundliche Dichter von leisen Tönen sich nicht mehr zurecht.
Eine Zeitschrift druckt zum Gedenken sein Gedicht ‘Boogie-Woogie.’
Wenn der Berg ruft, ist das schön. Wenn der Tod ruft,
schwer.
Wenn eine Aufgabe ruft, ist es Berufung (Beruf). Wenn die Sirene ruft, Alarm.
,Den Ruf hören’ konfrontiert mit der Tatsache, dass gewisse
Dinge nicht uns, sondern einer äusseren Notwendigkeit folgen. Sie sind für uns unwiderstehlich.
Das kann ein Glück sein (wie im Fall der 5
Berufenen, die am vergangenen Sonntag im Basler Münster zum Dienst am Wort
ordiniert wurden).
Das kann, in einer alarmistischen Zeit wie der gegenwärtigen, sehr anstrengend
sein.
,Rufen hat seine Zeit – und Schweigen hat seine Zeit…’
Boogie-Woogie
Du
rufst aus dem Nachbarzimmer
Fragst,
wie man Boogie-Woogie schreibt
Und
ich denke, was für ein Glück
Dass
kein Krieg ausgebrochen ist
Und
kein großes Feuer die historischen
Denkmäler
unserer Stadt verzehrt hat
Unsere
Körper und Wohnungen
Der
Fluss ist nicht angeschwollen
Und
niemand von unseren Freunden
Wurde
verhaftet
Es
geht nur um Boogie-Woogie
Ich
seufze erleichtert
Und
antworte, man schreibt es, wie man’s spricht
einfach
Boogie-Woogie
Adam Zagajewski, Übers.: Renate Schmidgall
Philipp Roth
philipp.roth@kgbb.chphilipp.roth@erk-bs.ch
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