Angst vorm Krokodil


Ich bin froh um Hiob. In diesen Novembertagen und Gedenkzeiten erst recht. Die Verstorbenen, das Zerbrochene und das Vergangene drücken sich ans Herz - und frösteln.
Das Buch und die Gestalt Hiob stehen in der Bibel für den ganzen Schmerz, die vielen Verluste und die zum Himmel schreienden Fragen, die ohne Antwort bleiben.
Hiob schafft Raum für die Tränen, den Jammer und die Klage. Und das über 40 Kapitel. Und Menschen und Gott hören hin. Das ist schon sehr viel.
Allerdings bleiben im Buch Hiobs Fragen nicht ohne Antwort. Und diese Antwort war für mich bisher mehr Standpauke als Verständnis und Klärung.
Gott sagt: Wer bist du schon, Hiob? (40, 1). Und schwärmt dann vom Nilpferd (Behemot) und vom Krokodil (Leviatan). Wirklich? Ja, wirklich!
Besonders auf das Krokodil wird ein richtige Lobenshymne angestimmt (40, 25 – 41, 26).  Ein Genuss zu lesen. Doch: Was soll das hier? Was soll (ich) Hiob damit – ausser mich nerven?

Ich erinnere mich, das beim Kasperlitheater auch ein Krokodil auftauchte. Ein böses. Gleich mit dem Teufel. Gross Klappe, lange Zähne. Das Bosheits-, Gewalt-, Todes- und Schreckenstier.
Und das hilft mir bei der Annäherung an diese befremdliche Antwort. Ich glaube, Gott lässt bei Hiob das Krokodil auftreten, um an seiner und unserer Perspektive zu schrauben. Und unser kleines Leben in den grossen Zusammenhang des Lebens zu stellen.

Gegen ein Krokodil habe ich keine Chance. Meine Angst, meine Wut und mein Fluchtreflex haben recht. Ich kann nicht anders sehen und fühlen, als aus mir heraus. Niemand kommt mit blossen Händen, mit blosser Seele gegen das Krokodil an.
Für Gott aber ist das Krokodil, was für das Kind (und das Kind in uns) die Badeente ist: Er hat es in den Händen und spielt damit (Psalm 104, 26).

Als Kind hat mich getröstet, dass Kasperli schliesslich immer mit dem Krokodil fertig geworden ist.
Glaubend und hoffend arbeite ich heute an diesem Perspektivenwechsel in Bezug auf den Tod und alle anderen Ungeheuer, die durch unsere Tage toben.
In diesen Tage im November und am Ende des Kirchenjahres ganz besonders.

,Der Tod ist verschlungen in den Sieg’. 1. Korinther 15, 55

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

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