Ein Krieg bricht aus
So bricht ein Krieg nicht aus.
Kain sagte zu seinem Bruder Abel: »Lass uns aufs Feld gehen!«
Als sie auf dem Feld waren, fiel Kain über seinen Bruder Abel her und erschlug ihn.
Genesis 4, 8
Las, dass vor einem Monat im Pazifik ein Unterwasser Vulkan ausbrach. Mit einem Namen wie von Pippi Langstrumpf: Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai. Er schleuderte Asche kilometerhoch in den Himmel und verdunkelte die Sonne. Auf Nachbarsinseln gab es Tote. Als endlich Hilfe kam, kam damit auch Omikron auf das bisher coronafreie Archipel.
So bricht ein Krieg nicht aus. Als Naturgewalt und Unterwasser. Tote gibt es. Meist viel mehr. Und die Sonne wird verdunkelt. Wie beim Tod auf Golgota.
Erlebte, wie vor zwei Jahren eine Pandemie ausbrach. Zunächst hilflos begriffen wir, dass alle Menschen aus dem gleichen Stoff sind. Unsere Grenzen und Denkweisen sind dem gespickten Mikrobällchen egal. Die Sorge um das verletzliche Leben prägte den Alltag. Eine neue Zeit begann.
So bricht ein Krieg nicht aus. Absichtslos und unsichtbar, durch Virenmutation. Menschen werden zu Feinden erklärt. Das Leben des anderen gilt nichts mehr. Tausende sterben. Die Angst überschattet alles. Die Zeit wird nie mehr wie vorher sein.
»Ihr wisst, dass gesagt worden ist: ›Liebe deinen Nächsten‹ und hasse deinen Feind!
Ich sage euch aber: Liebt eure Feinde!
Betet für die, die euch verfolgen!«
Matthäus 5, 43f
Nein, ein Krieg bricht nicht aus wie ein Löwe, ein Vulkan, eine Pandemie. Ein Krieg wird geschürt, geplant, geübt, erklärt. Er ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Die Fortsetzung von Hass, Macht, Ideologie, Aggression, Lüge und Masslosigkeit. Im ganzen Universum gibt es nur ein Wesen, das Politik betreibt. Ein Krieg ist die Fortsetzung des Menschen mit seinen Mitteln.
Ja, ein Krieg bricht aus wie ein Löwe, ein Vulkan, eine Pandemie: brüllend, die Sonne verdunkelnd, Leben vernichtend. Ein Krieg bricht aus. Und so vieles bricht zusammen.
Philipp Roth
philipp.roth@erk-bs.ch
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