in der Luft hängen

Seltsam, dass mir der Auffahrtstag immer bedeutungsvoller wird. Konnte damit früher gar nichts anfangen. Jetzt kleben auch Tage danach noch ein paar Gedankenfetzen daran. Weshalb?

Das physikalische Wunder der Himmelfahrt besteht drin, dass der Auferstandene diesen Aufzug in den Himmel nimmt. Wie soll man sich das vorstellen?

Das psychologische Wunder der Himmelfahrt besteht darin, dass der Abschied die Zurückbleibenden (die Hinterbliebenen) nicht leer und traurig, sondern erfüllt und fröhlich zurücklässt. ,Sie verbrachten den ganzen Tag im Tenpel und lobten Gott.' Lukas 24, 53

Während mir früher Wunder I im Weg stand, lässt mich heute Wunder II bei der Geschichte bleiben.

Ich erinnere mich an Besuche, die mich glücklich zurückliessen, weil sie endlich gingen.
Und ich erinnere mich an Besuche, die mich glücklich zurückliessen, weil die gemeinsame Zeit einfach schön gewesen war. Der Besuch war ein Geschenk. Zwar setzte der Abschied der gemeinsamen Zeit ein Ende, doch nicht dem Geschenk. Es überwog. Ich fühlte mich weiterhin erfüllt und bereichert.

Letzte Woche starb einer meiner Primarschulkollegen. Über die Umstände weiss ich nicht viel. Abschied macht traurig und leer. Daran hab ich mich gewöhnt.
Ist auch ein Abschied denkbar, der fröhlich macht und erfüllt? 

Ich nehme der Auffahrtsgeschichte die Liftfahrt nicht ab. Dieses Etagenweltbild teile ich nicht. Doch ich nehme der Auffahrtsgeschichte das Erfülltsein der zurückbleibenden Jüngerinnen und Jünger ab. Dass Jesus ihre Welt besucht und mit seinem Dasein Spuren in ihrem Leben hinterlassen hatte, die nach seinem Abschied (nach dem Karfreitagsschock) vielleicht sogar noch heller leuchteten, das kann ich mir gut vorstellen.

Die Frage ist nicht, wie ein solcher Abschied gestaltet werden kann.
Die Frage ist, wie das Miteinander in der begrenzten Zeit so gestaltet werden kann, das sie auch nach dem Abschied bleibendes Glück hinterlässt.

Das Lukasevangelium erzählt, dass Jesus die Zurückbleibenden beim Gehen segnet. Segnet!
(,Noch während er sie segnete, entfernte er sich von ihnen...'; 24, 51)
Welch ein eigenartiger Abschied. Nicht undenkbar. Aber schon selten wunderbar.

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Von der Luftfahrt weiss ich:
Die grösste Gefahr für das Flugzeug besteht am Boden - beim Starten und Landen.
Wenn das Flugzeug  in der Luft hängt,
ist es sicher.

Mehr Mut haben, in der Luft zu hängen!
,Ich setzte den Fuss in die Luft und sie trug.' (Hilde Domin)

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

 

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