Mein Körper gehört mir

,Mein Körper gehört mir.‘

Eigentlich ein banaler Satz. Jedenfalls für mich. Und bis zur Pandemie.
Dann nicht mehr. Plötzlich wurde der Körper zum Schlachtfeld gesellschaftlicher und ideologischer Auseinandersetzungen. Als Krankheitsträger konnte mein Körper zur Gefahr für andere werden. Als Impfobjekt Gegenstand der Gesundheitspolitik. Darf eine fremde Autorität in meinen Körper eingreifen, seine Integrität antasten? Ist er nicht die materielle, sozusagen räumliche Gestalt der Unversehrbarkeit meiner persönlichen Würde?
Ich bin froh, dass das Gespenst des Impfzwangs im Land, in dem ich lebe, ein solches blieb. Ich konnte mich in Freiheit und Verantwortung selbst für die Impfung entscheiden.

,Mein Körper gehört meinem Master.‘

Frederick Douglass wurde in der Chesapeake Bay in Maryland im Süden der USA als Sklavenkind geboren. Seinen Vater kannte er nie. Wahrscheinlich, dass es der Sklavenhalter selbst war. Seiner Mutter wurde er mit sechs Jahren weggenommen. Er gehörte weder ihr noch sich selbst, sondern ganz dem Sklavenhalter. Dieser verfügte über ihr Leib und ihr Leben. Die meisten neuen Sklaven wurden von Sklavinnen geboren, die von der weissen Masters vergewaltigt wurden. Im Sklavensystem kein Unrecht, sondern Ökonomie. Sexuelle Gewalt und körperliche Misshandlung waren für klein Frederick Alltag. Alle Körper gehörten dem Master. Leibeigenschaft bis zum Tod.

,Mein Körper gehört mir‘

ist ein Grundsatz der Frauenbewegung. Nur ich weisser, reicher Mann kann ihn banal nennen. Andere müssen für das Recht kämpfen, über ihren Körper und ihre Sexualität selbst zu bestimmen.

In Washington hat am Freitag das Oberste Gericht der USA nach 50 Jahren das verfassungsmässige Recht auf Abtreibung (Roe vs. Wade) gekippt. In vielen Bundestaaten warten ausgearbeitete Gesetze darauf, die Rechte schwangerer Frauen aufs Äusserste einzuschränken. In der Mehrheit sind es die früheren Sklavenstaaten. Die sozial schwachen Frauen werden davon am meisten betroffen sein. Darunter überproportional viele afro-amerikanische Frauen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass, 150 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei in den USA, das damalige rassistische, patriarchale System erneut zugeschlagen hat. Geschichte widerholt sich nicht. Doch sie reimt sich…

In seinem Brief nach Rom schreibt Paulus mal diesen unheimlichen Satz von der ,Hingabe des Leibes’. Ich schaue nach: Im Griechischen steht da tatsächlich ‘soma’ – Körper (somatisch):

Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern,
dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer,
das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei.
Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. (Römer 12, 1)

Ich kann die Verbindung von Körper und Opfer schwer von Blut und Gewalt lösen. Statt ,hingeben’ nehme ich lieber neutraler ,einsetzen’ (Auch wenn Hingabe in anderen Kontexten ein schönes Wort ist.). ,Setzt euren Körper und alle seine Kräfte und Möglichkeiten für das ein, was lebendig und heilig ist und schön für Gott.’

Meinen Köper und seine Möglichkeiten verschenken und mich mit Leib und Leben einsetzen kann ich aber auf jeden Fall nur, wenn ich selbst die ,Leibeigenschaft’ habe - und sagen kann:
,Der Körper gehört mir.’

So und nur so ist es ein ,vernünftiger Gottesdienst’: ,die vernünftige Art, Gott zu dienen.’ (Basisbibel)

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

 

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