with ah! bright wings

Der Schmerz, nicht verstanden zu werden.
Sich nicht erklären und nicht zeigen zu können.
Beschwiegen und falsch ausgelegt zu werden.
Man kennt ihn seit der Kindheit.
Nie fühlt man sich so einsam.

Immer neu erstaunlich, wie sich die Bibel unserer Nöte bewusst ist.
Und unser Glück will.

Die Pfingstgeschichte erzählt von dieser Sehnsucht nach Verstandenwerden. 
Und dem überwältigenden Glück des Verstehens über alle Grenzen.

Menschen verschiedenster Sprache kommen zusammen
und werden angesprochen und berührt
von jenseits der eigenen Sprachgrenze.
,Du verstehst mich.'
Plötzlich diese Verbundenheit.
Himmlisch.

-

Manchmal begegnet mir dieses Pfingstglück beim Lesen englischer Gedichte.
Es ist die Sprache, die ich gut genug kenne, um zu verstehen.
Und gut genug, um zu erkennen, wie unmöglich ein Übersetzen ist.
Man nähert sich im besten Fall nur an.

Heute beglückt mich das Gedicht vom Gerard Manley Hopkins (1844 - 1889).
Und schmerzt mich das Ungenügen jeglicher Übersetzung ins Deutsche.

God's Grandeur

The world is charged with the grandeur of God.
It will flame out, like shining from shook foil;
It gathers to a greatness, like the ooze of oil
Crushed. Why do men then now not reck his rod?

Generations have trod, have trod, have trod;
And all is seared with trade; bleared, smeared with toil;
And wears man’s smudge and shares man’s smell: the soil
Is bare now, nor can foot feel, being shod.

And for all this, nature is never spent;
There lives the dearest freshness deep down things;
And though the last lights off the black West went

Oh, morning, at the brown brink eastward, springs—
Because the Holy Ghost over the bent
World broods with warm breast and with ah! bright wings.

Gottes Größe

Die Welt ist erfüllt von Gottes Größe.
Ihr Feuer bricht auf wie aus Spiegelscherben.
Sie strömt ins Große wie gepreßtes Öl aus den Kerben.
Warum kniet vor ihr nicht des Menschen Blöße?

Menschenalter immerfort in neuen Gleisen reisen und kreisen.
Und alles verdorrt vom Getriebe, verrucht, verflucht von Qualen.
Alles starrt von Menschenschmutz, riecht nach Menschenschweiß: ohne Schalen
liegt die Erde nackt, kein Fuß kann fühlen mit Sohlen aus Eisen.

Und doch ist von alldem Natur nicht ganz zuschanden.
Es ist noch aus Lebenstiefen köstlichste Frische zu trinken.
Auch wenn die letzten Schimmer im schwarzen Westen verschwanden,

o Morgen, über dem braunen Saum gen Osten, dein Winken –
denn der Heilige Geist brütet über den Banden
der Welt mit warmem Flaum und ah! seine Flügel blinken.

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

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