wenn das Leben ein Lächeln schenkt

Ich hatte kürzlich das Glück, Aljoscha zu begegnen. Aljoscha ist ein ,dummer' Knecht in einer russischen Geschichte.
Sein Leben lang kannte er nichts als arbeiten und dienen, zurückgewiesen und lächerlich gemacht werden.

Sein Vater leiht ihn auf einen anderen Gutshof aus und holt wöchentlich seinen Verdienst ab. 

Dennoch: Aljoscha scheint damit zufrieden. Er kennt nichts anderes. Scheinbar hat das Leben es so für ihn bestimmt. Es wird schon sein Rechtes haben, wenn es so ist.

Ustinya in der Küche des Gutshofs geht es schliesslich auch nicht besser. Aljoscha het wenigstens noch Eltern und Geschwister. Ustinya nicht.

Dann geschieht eines ganz gewöhnlichen Tages etwas ganz Ungewöhnliches. Und die Geschichte versucht dieses Ungewöhnliche in seine enfache unbeholfene Sprache zu bringen:

Und dann plötzlich, in der zweiten Hälfte des zweiten Jahres (seines Dienstes), geschah ihm etwas, was in seinem Leben noch nie geschehen war.

Dieses Etwas war, dass er herausfand - zu seiner Verwunderung -, dass es neben der Verbindung zwischen Menschen, die darauf beruht, dass jemand von jemand anderem etwas braucht, noch ganz andere Verbindungen gibt:

nicht dass jemand saubere Schuhe braucht oder Hilfe, ein Paket irgendwohin zu tragen oder ein Pferd einzuspannen,
sondern dass ein Mensch, der auf diese echte Art niemand braucht, dennoch jemand brauchen kann, und liebkosen kann - und dass er, Aljoscha, genau ein solcher Mensch war.

Klar, von wem ihm das geschehen war. Ustinya ging es genauso. Nie wäre ihnen in den Sinn gekommen, dass nicht nur ihre Arbeit, sondern sie selbst kostbar und unersetzlich sein könnten. Noch nie waren sie um ihrer selbst willen geliebt worden. Nun waren sie andere Menschen.

Liebe heisst, für jemanden an erster Stelle zu stehen.

Er schaute sie an - und sie lächelte. Sie schaute ihn an - und er lächelte. (aus: Leo Tolstoi, Aljoscha der Topf, 1905; Übers. aus dem Englischen PR)

Jetzt will ich euch einen Weg zeigen, der weit über das alles hinausführt.
Stellt euch vor:
Ich kann die Sprachen der Menschen sprechen und sogar die Sprachen der Engel.
Wenn ich keine Liebe habe, bin ich wie ein dröhnender Gong oder ein schepperndes Becken (1. Korinther 12, 31 - 13, 1)

Die Geschichte geht übrigens nicht schön aus. In diesem Happy Beginning steckte auch schon das Happy Ending. Aljoschas Vater und die Gutsbesitzenden verboten den beiden jede weitere Beziehung. Kurz darauf stürzte Aljoscha beim Schneeräumen vom Dach und starb. 

Doch eigenartig: Aljoscha hatte er noch bei seinen letzten Atemzügen ein Lächeln im Gesicht.

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

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