auf Kollisionskurs

Und der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk grsse Freude bereiten wird.
(aus der Weihnachtsgeschichte; Lukas 2, 10)

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Kommet ihr Hirten, ihr Männer und Frau'n….  Ich schätze die ausgelassenen Hirtenlieder, wo plötzlich Bewegung in die Sache kommt. Hirten springen. Kinder singen. Alles gerät in helle Aufregung. Tiere, Sterne, Herz und Verstand. Dieses Ereignis löst Freudenwellen aus. Das Leben erbebt. Niemand bleibt davon unberührt. Maximale Ansteckung.

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Erlöster müssten mir seine Jünger aussehen schreibt Friedrich Nietzsche mal in Also sprach Zarathustra. Die Hirten kann er dabei nicht gemeint haben. In sie ist der Blitzstrahl der Freude gefahren. Und hat sie selbst zum Leuchten gebracht. Die Hirten liefen hin, so schnell sie konnten, heisst es ein paar Verse später. Und sie fanden… (Lukas 2, 16)

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Mir geht de Lutherübersetzung des Engelsbotschaft auf dem Feld durch den Kopf. Siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird, heisst es da.

Ich bleibe vor allem am Wort widerfahren hängen.  Da fährt jemand dagegen. Es gibt eine Kollision. Welten prallen aufeinander.

Schon bei der Verkündigungsgeschichte und auch hier fällt mir auf, dass Engel nicht süsses Kuschelgeflügel sind, sondern solche, die denen da unten an den Karren fahren. Engel sind Widerfahrnisse. Gerade weil sie wohlmeinend sind, schrecken sie uns aus unseren Meinungen und Stimmungen auf.

Maria hat sich die noch zarte Partnerschaft mit Josef so ziemlich anders vorgestellt. Der Engel fährt dagegen und stellt alles auf den Kopf. Maria versteht nicht – und sagt ja – und alles kommt anders und wird besser als je gedacht.

Die Hirten haben sich ihre Nacht so ziemlich anders vorgestellt. Shepherds business as usual. Dunkelheit. Kälte.  Ein paar Geschichten am Feuer und einen Schluck Wein. Der Engel fährt dagegen und krempelt alles um. Die Hirten verstehen nicht – doch sie laufen, so schnell sie können – und finden, was sie sich nie erträumt hatten.

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Freude ist nicht die Summe vieler kleiner schöner Dinge. Sonst hätte die gewaltige Ansammlung an Weihnachten schon längst zu einem globalen Freudeninfarkt geführt. Freude steht oft gerade im Widerspruch zur Summe der Dinge,  die wir ringsum in der Regel antreffen und uns umtreiben. In diesem Jahr vielleicht besonders.

Die Weihnachtsbotschaft ist auf Kollisionskurs. Sie fährt dagegen an. Auch gegen unsere manchmal so kummervolle Stimmung. Grosse Freude soll uns widerfahren. Aus dem Trott bringen. Mit einer anderen Wirklichkeit konfrontieren. Weder die Weltgesundheit noch den Weltfrieden müssen wir auf unseren Schultern tragen. Eine Geburt bringt auf die Welt, was noch nicht dagewesen ist.

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Siehe, ich verkündige Euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird!
Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr.

 

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

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