böse Zwerge

Günter Bruno Fuchs hat mir ein Gedicht geschenkt, das ich manchmal auf dem Friedhof brauche. ,So nimm von der Sonne und geh.' 

Er war noch ein Kind, als er 1944 in den Krieg musste. Ich stelle mir sein rundes, glattes Gesicht unter dem Stahlhelm vor. Durch seine Augen schauen mich auch viele heutige junge Männer an, die noch direkt von Mama kommen. 

Doch vielleicht war er wegen des Krieges auch schon lange kein Kind mehr. Und musste deshalb später viel Kindheit in Gedichten, Märchen und Zeichnungen nachholen. Immer etwas frech, anarchisch, gegen den Strich. 

Ausserhalb der Kriegsgefangenschaft verbrachte er sein ganzes Leben in Berlin und gehörte auch dann noch der Kommunistischen Partei an, als sie schon verboten war. 

In einem Kinderbuch stosse ich auf eines seiner Märchen. ,Ein Riese muss immer aufpassen'. In den Sorgen des Riesen ertappt Fuchs meine Sorgen und die unserer Gesellschaft angesicht von Flüchtlingen, Kriegsnachrichten, möglicher ,Strommangellage' und steigender Inflation. Zwerge haben es einfacher, glücklich zu sein...

Abends, vor seiner riesengrossen Hütte, sass der Riese.
,Na schön,' sprach der Riese nach einer guten Stunde, ,jetzt muss ich also wieder mal alle, alle Türen meiner riesigen Hütte zuschliessen mit demselben alten, grossen Schlüssel, den ich von meinem Grossvater geschenkt bekam, als ich noch klein war.'
Hier schwieg der Riese.
Dann sagte er: ,Und weshalb muss ich das tun, weshalb?
Nur wegen der Zwerge, die uns Riesen immer irgendwas wegnehmen mitten in der Nacht, winzige Sachen, wie sie sagen: Häuser, Freunde, Berge, den Abendstern!'

...

Und was hat das mit der Adventszeit zu tun?
quengelt eine Stimme in mir.
Erinnerst du dich an das Lied, das Maria sang, als sie wusste, dass sie in Erwartung ist?
frage ich zurück.

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

 



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