auszittern

André Heller ist ein Hansdampf in vielen Gassen. Als Francis Charles Georges Jean André Heller-Hueart wurde er 1947 in Paris geboren, wohin seine Eltern im Krieg als Juden aus Wien geflohen waren. Als Schauspieler, Chansonnier, Veranstalter und Kulturveranstalter hat er seit den 80-er Jahren zahlreiche international beachtete Kunstaktionen und Festivals organisiert. Aktuell kuratiert er in der Elbphilharmonie Hamburg eine ,Woche des Staunens' mit Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt.

Selbst Jude, griff er bereits vor 40 Jahren, im Libanonkrieg mit den Massakern in den palästinensischen  Flüchtlingslagern, die israelische Politik scharf an. Und musste sich deswegen 'Beihilfe zum Antisemitismus' vorwerfen lassen. Damals schrieb er:

Die jahrtausendelange jüdische Leidensgeschichte wird von ihren eigenen Opfern verhöhnt, wenn diese daraus irgend etwas anderes lernen als Erbarmen, Toleranz, Menschenwürde und die Fähigkeit, beharrlich zu lieben. Dafür lohnt es zu kämpfen und für nichts sonst auf diesem Stern. (1982)

In der ZEIT (7.3.24) stellt er sich einem langen Interview. Es verdichtet sich zu einem eigentlichen Glaubensbekenntnis.

ZEIT: Was war das Mutigste, was Sie je getan haben?
Heller: Hier zu bleiben.
ZEIT: Hier in Wien?
Heller: Nein, überhaupt auf der Welt. Ich hab so eine Sehnsucht, nach Hause zu gehen. Ich weiss, dass ich woandersher komme. Ich weiss, dass ich in dieses Zuhause nach dem Tod zurückkehre. An einen Ort, wo es keine Niedertracht gibt, keine Verlogenheit, keine brachiale Primitivität und quälende Polarität. Ich glaube an einen Ort jenseits der Machtspiele, wo es Geduld gibt, Achtsamkeit und Herzensbildung. Wo man auszittern kann und nicht jeden Tag glaubt, beweisen zu müssen, was für ein toller Hecht man ist. Dabei halte ich ein gewisses Scheitern für wichtig.

Philipp Roth   

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

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