INKLUSION und KONSEQUENZ

Schön: Am Bettag feierten wir zum ersten Mal seit Ausbruch von Corona einen Gottesdienst wie vorher, ohne Maske und Abstand.
Unschön: Wer kein Zertifikat vorweisen konnte, durfte nicht hinein.

Hüben jubelte man Fortschritt. Drüben klagte man Verrat.

Und mir ging das Gleichnis vom Gastmahl (Lukas 14, 16 - 24) durch den Sinn. Als Inklusionsgeschichte von vielen geliebt (Bring die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Gelähmten hierher! V. 22), siehtt man über ihre Ausgrenzungsseite gerne hinweg.

Es beginnt grosszügig: ,Ein Mann veranstaltete ein Festessen und lud viele Gäste ein.’ Und endet bitter - der Gastgeber ärgert sich über die, die sich entschuldigen.: ,Keiner der Gäste, die zuerst eingeladen waren, wird an meinem Festessen teilnehmen.’ Und als wäre das nicht schon Ausschluss genug, setzt Matthäus in seiner Version (22, 1-10) noch einen drauf: Der Gastgeber (hier ein König) kommt in den Festsaal und entdeckt einen Gast ohne gültigen Ausweis (hier ein festliches Kleid). Er fliegt raus.

Wie alle Gleichnisse, kann man auch dieses verschieden lesen. Und keine Lesart ist einfach einzig richtig oder komplett falsch.
Es ist eine Geschichte, die davon erzählt, wie wichtig es ist, zur rechten Zeit das Richtige zu erkennen und zu tun.
Es ist eine Geschichte, die davon erzählt, wie Berufene sich verfehlen können und Menschen am Rand in die Mitte rücken bei Gott.
Und es ist eine Geschichte, die davon erzählt, dass man für maximale Inklusion manchmal auch schmerzhaft konsequent sein muss.

Seit meinem Sabbatical in Chicago 2017 sind Inklusion und Diversität Leitbegriffe meines Kirchenverständnisses. Die aktuellen Massnahmen (> 50 Personen Zertifikatspflicht / < 50 Masken/Abstand/Contact Tracing) unterziehen diese Ideale einem schmerzhaften Realitätscheck. Plötzlich sind sie nicht mehr ,gratis’ zu haben. Jede Inklusion zieht auch Exklusion nach sich. Das ist bitter und tut weh.

Vielleicht hat Jesus uns das Gleichnis erzählt, damit wir heute mit seine Hilfe über alle Positionsgrenzen hinaus im Gespräch miteinander und Hören aufeinander bleiben können.
Das wär dann nicht mehr bitter, sondern bereichernd. 

Philipp Roth

philipp.roth@kgbb.ch
philipp.roth@erk-bs.ch

 

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