mitleidlos
Vielleicht bleibe ich hängen, weil es so verwegen ist. In einer Zeit, die nicht empathisch genug sein kann, gleich im ersten Satz das Wort 'mitleidlos' in einem positiven Sinn zu verwenden, ist schön frech. Ein Fishermen's Friend für mein Hirn. Eine Grätsche in meinen Gewohnheitssprech. ,Den Protestantismus liebe ich, weil er so mitleidlos den religiösen Bedürfnissen der Menschen gegenüber ist,' heisst dieser erste Satz. Fulbert Steffensky beginnt so das Vorwort in seinem Buch 'Der Schatz im Acker'. In seinem früheren Leben war Steffensky katholisch. Vermutlich sieht er deshalb schärfer. Und kann mir von halbaussen sagen, was ich so zwar oft empfinde, doch selten auf den Punkt bringen kann. Die Nüchternheit des Protestantismus war bei seiner Geburt ein wesentlicher Teil des Erfolgsrezepts. Statt den eigenen torkelnden Bedürfnissen, den vertrauten Strömen der Tradition und den sinnlichen Überwältigungstrategien kollektiver Zeremonien ausgeliefert zu sein, sollt...